Ausblick | heri&salli

Die Variabilität in der Serie

Modulares Bauen der Zukunft

Josef Saller und Heribert Wolfmayr (Foto: Hans Schubert)

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Ein Blick in die Zukunft

  • Autoren: Heribert Wolfmayr und Josef Saller
  • Fotos: Hans Schubert, heri&salli

Die Architekten Heribert Wolfmayr und Josef Saller legen mit ihrem Wiener Büro heri&salli einen Fokus auf den experimentellen Wohnungsbau in Modulbauweise. Mit dem „Forum am Seebogen“ in der Wiener Seestadt Aspern entwickelten sie etwa ein prototypisches Stadthaus, das die Potenziale des modularen Holzbaus auslotet. Nachfolgend richten sie den Blick in die Zukunft.

Die heutigen Herangehensweisen im Modulbau sind generell von materiellen Trennungen geprägt – wir denken derzeit, so wie in der herkömmlichen Bauweise üblich, noch in Abschnitten. Wenn wir in Zukunft über neue Konzepte im Modulbau nachdenken wollen, so müssen wir lernen, systemisch zu denken. Daher: Die Elemente sind Teil eines großen Ganzen und stehen in einem wechselseitigen Zusammenhang. Das Verbinden und Trennen einzelner Bauteile wird künftig der wesentliche Inhalt dieser systemischen Arbeitsweise sein. Das Denken in Abschnitten wird durch das Denken in austauschbaren und anpassbaren Teilen ersetzt. Die veränderten Ansätze im Modulbau werden von zwei Themen bestimmt:

1. Die Materialität und Konstruktivität

Die neuen ökologischen Parameter veranlassen uns, über die Anpassung, Einsetzbarkeit und Kombination verschiedener Materialien nachzudenken. Im Rahmen der Umsetzung wird eine Art Materialhandbuch entstehen, das alle Bestandteile des Moduls dokumentiert. Dieses sogenannte „Handbuch des Anpassbaren“ ermöglicht es, einzelne Teile des Moduls zu einem späteren Zeitpunkt auszutauschen oder wiederzuverwenden. Bei Umbauten lassen sich zudem die Ressourcen bestehender Module miteinander vergleichen und je nach Einsatzgebiet unterschiedlich anwenden beziehungsweise weiternutzen.

Bild aus der Modellstudie "Die Variabilität in der Serie" von heri&salli.

Das „Handbuch des Anpassbaren“ wird die Integration, das Anpassen und Ersetzen des einzelnen Teils vor allem durch die Smart-Technologien unterstützen. Dadurch verändert sich die lineare Verwendung des Modulbaus in ein Ein- und Ersetzen der einzelnen Teilbereiche beim Modul. Grundlage der Ressourcenfreigabe sind standardisierte Verbindungsmechanismen der Konstruktion zwischen den einzelnen Modulen. Die Demontage, das Recycling und das Wiederverwenden werden durch das Material- und Detailmanagement bestimmt. Unterschiedliche Kombinationen werden einfach neu zugeordnet. Diese technische Variabilität lässt den zukünftigen Modulbau als einen Raum erscheinen, welcher sich zwischen dem Innen und Außen bewegt.

2. Die Fertigungsmethoden und Bauweisen

Die Vorfertigungstechniken werden sich, unterstützt von der KI und Smart-Technologie, verändern. Komplexere und detailliertere, modulare Bauteile ermöglichen durch die mechanischen Fertigungsmethoden neue Bauweisen. Hier spielt das „Handbuch des Anpassbaren“ ebenfalls eine wesentliche Rolle, indem es die Herstellung der einzelnen Teile und den Einsatz unterschiedlicher Materialien direkt vor Ort logistisch unterstützt.

Bild aus der Modellstudie "Die Variabilität in der Serie" von heri&salli.

Modulare Bauweisen werden dadurch individualisierbarer sein und sich ohne Veränderung des Systems standardisiert umrüsten und konfigurieren lassen, Bauabläufe werden schneller und effizienter. Die statische Struktur reagiert individuell auf die Bauhöhe. Konstruktive Notwendigkeiten sind nicht mehr nur „Träger“ des Raums, sondern spiegeln auch dessen Inhalt wider.

Ausblick

Wenn es gelingt, diese zwei Themenschwerpunkte in das systemische Denken einzubetten, so sind im Zeitalter des zunehmenden räumlichen Bedarfs neue Möglichkeiten der Variabilität in der Serie im verdichteten Raum möglich.

Der modulare Raum wird letztendlich in 30 Jahren eine Art hybrides Wesen sein. Aufgrund der Vielzahl von Möglichkeiten und deren Veränderbarkeit, auch in der Serie, wird er zur dynamischen Struktur.

Architekten

heri&salli
heriundsalli.com
Schottenfeldgasse 63/5, 1070 Wien

Das Studio für Architektur, Design und urbane Entwicklung wurde 2004 von Heribert Wolfmayr und Josef Saller in Wien gegründet. Nachhaltigkeit, Resilienz, Technologie und Innovation werden als Basis für kreative Prozesse begriffen, um für die Menschheit lebenswerten Raum zu schaffen.

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